Deutsch

Die Schwere der Luft

Am 177. Todestag Georg Büchners gastiert Christian Wirmer an der Stiftsschule

Als Bühnenbild dient ihm der Blick aus den Fenstern des großen Saales im Rabanushaus, als Requisiten nimmt er, was er vorfindet: Tische, einen Stuhl, das Kruzifix an der Wand; lediglich eine Kerze hat er selbst mitgebracht. Er spielt in Alltagskleidung, ohne Kostüm, ohne Maske. Und er spielt allein, mit nur dem Publikum als Gegenüber und ein paar Tönen auf dem Klavier als einziger akustischer Untermalung. Neunzig Minuten lang zieht er damit ein Dutzend KollegInnen und etwa hundert Schülerinnen und Schüler der Q2 und Q4 in seinen Bann, sie erleben konzentriert, beinahe gebannt eine außergewöhnliche Theatervorstellung.

Der Schauspieler Christian Wirmer aus Darmstadt ist nach Amöneburg gekommen und spielt Lenz von Georg Büchner. Die Erzählung steht auf dem Deutsch-Lehrplan der Q2 und ist keine leichte Kost, erzählt sie doch die Innensicht des psychisch kranken Schriftstellers Lenz, der durchs Gebirge wandert, einkehrt bei Pfarrer Oberlin, der ihn begleitet, ihm zu helfen versucht, ihn jedoch auch nicht herausholen kann aus seiner, wie wir heute vielleicht diagnostizieren würden, affektiven Störung. Dies nur zu lesen ist beklemmend, mitunter mühsam, doch Christian Wirmer lässt uns Lenz erleben, ebenso Oberlin samt seiner Frau und den befreundeten Kaufmann, er holt uns hinein in das Gebirg, in Oberlins Wohnung, nimmt uns mit auf Lenzens Wanderungen, in seine Kammer, ja hinein in seine wunde Seele, seinen verwirrten Geist. Mit höchster Präsenz und äußerster Konzentration entfaltet er Büchners Text: Er verkörpert die Figuren, wechselt zwischen Erzählen und Anspielen einzelner Szenen und schafft es, das Publikum immer wieder einzubinden in das Geschehen.

 

So wird Deutschunterricht zum Kunstgenuss, und dass die Schülerinnen und Schüler dies spüren und würdigen, beeindruckt den von Christian Wirmer als Gast mitgebrachten emeritierten Germanistikprofessor Alfons Glück so sehr, dass er das an die Vorstellung anschließende Nachgespräch – eine feine Diskussion zwischen SchülerInnen, KollegInnen, Herrn Wirmer und Prof. Glück – mit einer kleinen Lobrede auf unsere SuS beschließt. Ein würdiger Abschluss eines eindrucksvollen Nachmittages!

KollegInnen und SchülerInnen der Jgst. Q2 bedanken sich herzlich beim Ehemaligenverein Amoeneburgia für die großzügige Unterstützung.

Dr. Katrin Düringer